“Das Schönste ist – Stuttgart” – Eine Image-Suche
Dass Image-Kampagnen zu einem breiten – und mitunter auch hitzigen – öffentlichen Diskurs führen können, ist spätestens seit der Kontroverse um „The Länd“ bekannt. Auch als die Landeshauptstadt Stuttgart Mitte der 1980er Jahre überlegte, wie sie die eigene Attraktivität durch ein neues Werbekonzept steigern könnte, gab es eine öffentliche Debatte.
Eine Flut von Image-Slogans
Klar war zu Beginn nur, dass man den Slogan „Stadt zwischen Wald und Reben“ ersetzen wollte. Für die neue Werbekonzeption wurden professionelle Agenturen eingeschaltet. Nachdem die Presse im Juli 1986 ausführlich zum Thema „Stuttgart-Werbung“ berichtet hatte, gab es eine Flut von Vorschlägen und Anregungen aus der Bevölkerung an die Stadtverwaltung. Einige dieser Vorschläge sollen in diesem Beitrag – auch wenn diese es nicht zum offiziellen Werbeslogan schafften – gewürdigt werden. So ergibt sich ein spannender Einblick, wie die Menschen Stuttgart vor gut 33 Jahren wahrnahmen und welche Besonderheiten sie mit der Stadt verbanden:
Stuttgart – das beste Pferd im Stall.
Stuttgart – Großstadt mit Wald und Leben.
Stuttgart ist auf Trab.
Stuttgart, die Stadt zwischen Wald und Reben, da kann man Leben und erleben, im schönen Schwabenland im Südwest-Staat von Baden-Württemberg, unterhält Handel und Wandel mit der ganzen Welt.
Bemerkenswert ist die Antwort des Stuttgarter Verkehrsamts zu dem folgenden Vorschlag eines Stuttgarter Einwohners:
Der Verkehrsdirektor hielt den Vorschlag aus zwei Gründen für nicht geeignet: „Zum ersten widerspricht es der schwäbischen Mentalität, Eigenes als Spitzenklasse zu bezeichnen. […] Zweitens halte ich den Fernsehturm nicht als Signet geeignet. Es gibt zwischenzeitlich überall auf der Welt Fernsehtürme, und zwar höhere und schönere als in Stuttgart. Es weiß niemand mehr, außer uns Stuttgartern, daß der erste Fernsehturm in Stuttgart gebaut worden ist.“[1]
Die Imagestrategie der Stadtverwaltung
Und welcher Slogan machte nun das Rennen? Nach langem Ringen und Beraten innerhalb der Stadtverwaltung kam man zu dem Ergebnis, auf einen Slogan gänzlich zu verzichten. „Wir brauchen keine Anzeigenkampagne, keine Annoncenschlacht“[2], befand Oberbürgermeister Manfred Rommel. Vielmehr sollte der Eigenname ‚Stuttgart‘ hervorgehoben werden und „mit Inhalten über die Wirklichkeit der Stadt und ihrer Bewohner gefüllt werden.“[3] So plante Rommel, den Regional-Tourismus zu aktivieren und hielt es für sinnvoller, in Zusammenarbeit mit der Messedirektion und den Sportorganisatoren große Veranstaltungen in die Stadt zu holen, um Stuttgarts Image zu bewerben. Die gelungene Austragung der Leichtathletik-Europameisterschaft 1986 in Stuttgart hatte der Stadt bereits einen guten Namen verschafft und diente als Vorbild für diese Strategie.
Ein kontroverses Plakat
Es wurde auch eine stärkere Kooperation mit Handel und Industrie angestrebt, um die Bedeutung der Stadt auch auf diesem Gebiet weltweit zu präsentieren. Bei der Umsetzung dieses Vorhabens kam es zu einer sehr emotional diskutierten Plakatwerbung – gänzlich konnte man auf visuelle Anzeigen natürlich nicht verzichten. Die Abbildung eines Porsche 911 Turbo vor der Staatsgalerie erzeugte Reaktionen der ganzen Bandbreite: Von Spott und Häme bis hin zum Vorwurf der Schleichwerbung oder gar eines natur- und menschenfeindlichen Plakatmotivs reichten die ablehnenden Argumente. Es gab jedoch auch Stimmen, die es begrüßten, dass sich die Stadt mit einem Produkt eines hier ansässigen Unternehmen präsentierte.
Was bleibt bis heute?
Auf weniger Debatte stieß die Entscheidung, für Stuttgart ein einheitliches grafisches Erscheinungsbild zu entwickeln. Dementsprechend wurde ein neuer Stuttgart-Schriftzug entwickelt, der auch als „Stuttgarter Dächle“ bekannt geworden und heute noch in Gebrauch ist. Und dass Stuttgart sich nicht auf einen einzigen Slogan herunterbrechen lässt, hat auch nicht an Gültigkeit verloren. Zu vielseitig sind die Landeshauptstadt und Metropolregion Stuttgart im gesamten “Länd”.
Quellen und weiterführende Links
Stadtarchiv Stuttgart, 185/2 Verkehrsamt Nr. 8
Stadtarchiv Stuttgart, 185/2 Verkehrsamt Nr. 9
Stadtarchiv Stuttgart, 21/1 Hauptaktei Nr. 6685
Stadtarchiv Stuttgart, 21/1 Hauptaktei Nr. 6690
Website: Welcome to THE LÄND
[1] 185/2 Verkehrsamt Nr. 9
[2] 21/1 Hauptaktei Nr. 6685
[3] Ebd.
OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Melanie Köhler-Pfaffendorf (17. März 2023). “Das Schönste ist – Stuttgart” – Eine Image-Suche. Archiv0711. Abgerufen am 6. November 2024 von https://doi.org/10.58079/bepn