Archivtipp: Statistisches Amt –  Kulturstatistik: das bunte kulturelle Leben in nüchternen Zahlen

In unserer losen Folge stellen wir Ihnen die archivische Überlieferung des Statistischen Amtes im Bestand 178/1 vor. Sie umfasst viele Themenbereiche, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Gemeinsam ist allen Unterlagen, dass sie nach statistischen Kriterien erhoben und dokumentiert wurden. In dieser Folge geht es um harte Fakten aus dem Bereich der Kultur. Im Bestand Statistisches Amt finden sich viele erhobene Zahlen, unter anderem zu verkauften Kinokarten, gedruckten Büchern und stattgefundenen Konzerten von der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre.

Die älteren Beiträge der Serie finden Sie hier:

> Zum Beitrag Statistisches Amt – Bevölkerungslisten

> Zum Beitrag: Statistiken zur Ernährung 1945 – 1950

Warum Kulturstatistik?

Kulturstatistik ist ein wichtiges Instrument der Kultur- und Gemeinschaftspflege. Damit kann man beispielsweise bei Institutionen wie dem Deutschen Städtetag für mehr Investitionen werben. Aber auch eine wissenschaftliche Auswertung wird durch das Erheben der Daten unterstützt. In der Regel werden Einrichtungen aufgefordert, bestimmte Zahlen an das Statistische Amt zu melden. Die Zahlen werden unter anderem im Statistischen Jahrbuch des Deutschen Städtetags veröffentlicht. Was früher ein schwieriges Unterfangen war, denn es gab keine einheitliche Kulturstatistik. Der Aufbau einer bundesweiten Kulturstatistik startete erst 2014.

1. Buchwesen in Stuttgart

Stuttgart war und ist ein bedeutender Verlagsstandort. Deswegen hat das Statistische Amt aus diesem Bereich eine Reihe von Zahlen erhoben, wie beispielsweise die Buchproduktion nach Sachgebieten, die Anzahl der Seitenzahlen, die Neuauflagen, die Zahl der tätigen Buchverlage oder die Übersetzungen. Hieraus lässt sich viel über die Entwicklung der Stuttgarter Verlagsszene ableiten. Die Zahlen sind für die Jahre 1946 bis 1973 vorhanden. Im folgenden Schaubild erfahren wir, dass Romane und Novellen, also die damalige „Schöne Literatur“, in der Nachkriegszeit sehr populär waren und es hier bei Stuttgarter Verlagen im Jahr 1949 stolze 606 Neuerscheinungen gab. Im Bestand Statisches Amt sind die Akten zur Verlagsstatistik unter den Signaturen Nr. 28, 29 und 31 zu finden.

2. Konzerte und Theater

Die Stuttgarter Konzertdirektion SKS Russ und die staatlich oder städtisch geführten Theater lieferten dem Statistischem Amt das Bühnenleben in messbaren Zahlen. Zum Teil auf den Tag genau erfolgt die Angabe zu Art der Darbietung, zum Ort, zur Zahl der verfügbaren Plätze, zu den verkauften Karten inklusive der Angabe zu Frei-/Ehrenkarten. Für das Konzert der Jazzlegende Louis Armstrong am 17. Oktober 1952 im Universum gab es beispielsweise insgesamt 1.800 verfügbare Karten, von denen 1.536 verkauft und 15 als Freikarten vergeben wurde. Oder nehmen wir das Beispiel Ike und Tina Turner: Bei deren Konzert im Jahr 1971 waren 1.460 Besucher im Beethovensaal der Liederhalle. In der Konzertstatistik lässt sich für die Jahre 1946 bis 1954 und 1963 bis 1974 fast lückenlos das Stuttgarter Konzertleben in Zahlen erleben. Im Bestand Statisches Amt sind die Akten zur Konzertstatistik unter den Signaturen Nr. 32 und 33 zu finden.

In der Theaterstatik wurden die Aufführungen, das Fassungsvermögen, die Besucherzahl, die Art der Aufführung der städtischen Theater der Altstadt und dem Staatlichen Württembergischen Staatstheater erhoben. Später kamen dazu auch Angaben zum Personal, etwa wieviel männliche oder weibliche Angestellte nach Berufsgruppe angestellt waren und nach welchem Tarifvertrag sie bezahlt wurden. Im Bestand Statisches Amt sind die Akten zur Theaterstatistik unter den Signaturen Nr. 34 und 35 zu finden.

3. Kino und Lichtspieltheater

Die Kinostatistik ist umfänglich dokumentiert, dadurch lässt sich die Entwicklung der Stuttgarter Kinogeschichte seit der unmittelbaren Nachkriegszeit zahlenmäßig sehr detailliert nachvollziehen. Für die Jahre 1946 bis 1970 gibt es die Erhebung der Zahlen für alle Stuttgarter Kinos und deren Filmvorführungen. Aus der Statistik geht beispielsweise hervor, dass Stuttgart im Jahr 1946 ein sehr kinofreudiges Publikum hatte und insgesamt 3.124.642 Kinobesuche stattgefunden haben. Anfänglich wurden noch die einzelnen Filmtitel und Vorführungen aufgeführt, wie die Auflistung des uns schon aus einem früheren Blogartikel bekannten U-Kinos zeigt. Später wurden nur noch die Vorführungen von deutschen und ausländischen Filmen, die verkauften Karten und die freigebliebenen Plätze erfasst. Im Bestand Statisches Amt finden sich die Akten zur Kinostatistik unter den Signaturen Nr. 41 bis 49.

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